Redebeitrag „Corona-Krise“ und Doppelhaushalt

Redebeitrag zur 3.Lesung des Doppelhaushalts.                                                       20.3.2020

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sehr geehrte Damen und Herren

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer

Zuerst möchte  ich meine Anteilnahme und Solidarität mit allen  Betroffenen der Corona-Krise zum Ausdruck bringen. Wir sind in Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen, wir wünschen allen Erkrankten eine gute Besserung und jedem den bestmöglichen Schutz gegen die Ansteckungsgefahr. Bedanken möchten wir uns auch bei den Ärzten Pflegern und Schwestern im Gesundheitswesen, bei allen, die das öffentliche Leben aufrechterhalten, bei den zahlreichen Ehrenamtlichen Helfern aber auch bei den Verkäuferinnen und Verkäufern in den Läden und Supermärkten.

In der jetzigen Situation rächt sich, wenn die Krankenhäuser auf Gewinnmaximierung und Rentabilität getrimmt wurden, wenn kleine Krankenhäuser wie in Plochingen stillgelegt wurden. Eine Schlussfolgerung auch für das Klinikum Esslingen ist, dass die Zahl der Intensivpflegeplätze erhöht werden muss. Statt Fixierung auf die Bettenbelegung brauchen wir Betten in Reserve für Notfälle. Und zur Behebung des seit Jahren bestehenden Pflegenotstands muss das Personal aufgestockt werden. Dazu muss die Zahl der Ausbildungsplätze in der Pflege genau wie in der Kinder und Altenbetreuung entsprechend unserem Antrag ((11.85)) verdoppelt werden.

Zum Doppelhaushalt: Angesichts der Weltwirtschaftskrise, die bereits Mitte letzten Jahres begonnen hat und die durch die Corona Pandemie enorm verschärft wird, werden die Gewerbesteuereinnahmen dramatisch einbrechen.  Hier bestätigt sich unsere Einschätzung aus der letzten Sitzung:  Notwendig ist  eine Gemeindesteuerreform, die den Kommunen einen viel größeren Anteil am Steueraufkommen zuweist und die die Abhängigkeit von den extremen Schwankungen der Gewerbesteuer beseitigt. Die jetzt notwendig werdenden Kreditaufnahmen  müssen zinslos erfolgen.

Im Mittelpunkt unserer Anträge stand der Stopp der Baumaßnahmen im Greut , auf dem VFL Post Gelände, auf dem Nürk  und Karstadt Areal.  Allein durch diese Maßnahmen könnten im Haushalt fast 15 Millionen Euro eingespart werden. Mit dem offenen Ausbruch der Weltwirtschaftskrise, von der die Automobilindustrie und der Maschinenbau besonders betroffen sind wird sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt und damit auch auf dem Wohnungsmarkt schlagartig ändern: Statt Wohnungen für zahlungskräftige Menschen die wegen der Arbeitsplätze herziehen wollen werden wir massenweise Sozialwohnungen brauchen. Aber auch aus ökologischen Gründen ist die geplante Bebauung eine Katastrophe. Insbesondere die Bebauung der Frischluftschneise Greut die heute im Eilverfahren gegen den Willen der  Anwohner und breiter Kreise der Bevölkerung durchgezogen werden sollte ist völlig verantwortungslos. Wir begrüßen es sehr, dass dieser Tagesordnungspunkt in letzter Minute zurückgezogen wurde. Wir rufen dazu auf, die ganze Baupolitk neu zu überdenken – Ökologisches und soziales Bauen  ist das Gebot der Stunde.

Mit den eingesparten 15 Millionen – zusammen mit den Subventionen für den Daimler Kindergarten und Geant Leap – könnte problemlos die kostenlose Kinderbetreuung in Esslingen finanziert  werden. Darüber hinaus werden wir das Geld dringend für soziale Unterstützungsmaßnahmen brauchen.

FÜR Esslingen lehnt es strikt ab, wenn jetzt Corona zum Vorwand wird um soziale Einschnitte aller Art zu rechtfertigen oder Umweltstandards aufzuweichen.  Wir akzeptieren es nicht, wenn versucht wird, die Folgen der Umwelt-, Weltwirtschafts- und Finanzkrise unter der Flagge der Corona-Bekämpfung auf die breiten Massen abzuwälzen! In diesem Zusammenhang möchte ich auch im Namen der EWB-Mieter in der Rechbergstraße gegen die geplanten drastischen Mieterhöhungen protestieren. Die EWB muss sich in diesen Zeiten erst recht auf die Schaffung und den Erhalt von wirklich bezahlbarem, sozialem Wohnbau konzentrieren, mit Mieten, die deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Auch eine Erhöhung der Grundsteuer, die auf  die Mieten abgewälzt wird halten wir besonders in der derzeitigen Situation für völlig falsch. Zumal ab 2022 nochmals eine drastische Erhöhung der Grundsteuer auf 458 Punkte vorgesehen ist.  Wir empfehlen allen Gemeinderäten, die die Grundsteuererhöhung ablehnen wollen unseren Antrag zu unterstützen. Er ist solide Gegenfinanziert und verzichtet auf Kürzungen im kulturellen Bereich.  

FÜR Esslingen unterstützt nach wie vor  die Forderung von Frauen helfen Frauen nach einem 2. Frauenhaus in Esslingen. Das bestehende Frauenhaus platz aus allen Nähten. Ständig müssen Frauen abgewiesen werden. Auch die „Anschlussunterbringung“ der alleinerziehenden Frauen ist fast unmöglich.  Wir schlagen deshalb  vor, dass die Stadt nach einer geeigneten Immobilie  sucht und die Finanzierung auch der Personalkosten mit dem Kreis klärt.  

Fazit: FÜR Esslingen lehnt den vorliegenden Haushalt ab:

  • Weil selbst die kleinsten Schritte in Richtung sozialer Erleichterungen für einkommensschwache Familien wie z.B. das Sozialticket oder die Verringerung der Kindergartengebühren für Geringverdiener und vieles mehr  von der Verwaltung  abgelehnt werden
  • Weil zahlreiche sinnvolle Anträge auch von anderen Fraktionen wie z.B. Photovoltaikpflicht, Baumschutzsatzung, Ausbau der Grün und Blauflächen, stärkere Vereinsförderung, Ausbau des Radwegenetzes, Verbot von Verkauf von kommunalen Flächen    entweder ebenfalls abgelehnt wurden oder per Berichtsantrag auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden.
  • Vor allem aber lehnen wir den Haushalt ab, weil Unsummen für die Subventionierung unsozialer und umweltschädlicher Baumaßnahmen ausgegeben werden sollen insbesondere für die Zerstörung der Frischluftschneise im Greut und die Zubetonierung des VFL Post Geländes.

Hier werden Millionen für die Interessen der Bau und Immobilienwirtschaft verschleudert aber die Wohnungsnot für Geringverdiener, kinderreiche Familien, Rentner oder Alleinerziehende wird keineswegs gelindert. 

Dieser Doppelhaushalt der Stadt Esslingen  wird in keiner Weise den sozialen und umweltpolitischen Anforderungen der Zukunft gerecht. Deshalb können wir dem Haushalt in der vorliegenden Form  nicht zustimmen.